SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 290800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 29.05.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Gewitter mit Unwettergefahr durch Starkregen und Hagel. Heute vereinzelt über
der Mitte und im Südwesten, morgen verbreitet über der Mitte, im Schwarzwald und
am Alpenrand, Mittwoch nur noch am Alpenrand. Am Mittwoch im Norden, Osten und
Nordosten starke Böen, in Richtung See stürmische Böen und einzelne Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... Heute sorgt ein Keil ausgehend vom westlichen Mittelmeerraum bis nach
Deutschland für großräumiges Absinken. Allerdings lässt sich in mittleren
Feuchteniveaus ein Feuchteband finden, dass sich in einem Feld mittelhoher
Bewölkung bemerkbar macht. Dieses wird derzeit ostwärts über Deutschland hinweg
geführt und dämpft zu Tagesbeginn gebietsweise die Einstrahlung.

Gleichzeitig sind in großen Teilen Deutschlands weiter sehr warme Luftmassen
aktiv. So liegt die 850 hPa Temperatur oft zwischen 15 und 17 Grad.
Dementsprechend ist in den Einstrahlungsgebieten mit Spitzenwerten zwischen 33
und 35 Grad zu rechnen. Diese schwülwarme Luftmasse wird über der nördlichen
Mitte von einer Luftmassengrenze von nur noch mäßig warmer Luft nördlich davon
getrennt. Der Unterschied lässt sich sehr gut mit den Beobachtungsdaten
diagnostizieren. Besonders gut ist sie anhand von Theta2m und Taupunkten zu
erkennen. So liegen die Taupunkte im Norden zwischen 12 und 14 Grad, während
südlich davon 14 bis 18 Grad gemessen werden. Die Luftmassengrenze soll im
Tagesverlauf als Warmfront noch ein wenig nach Norden verschoben werden. Die
Strömung in den mittleren Troposphärenniveaus lässt größere
Verlagerungstendenzen aber nicht zu. Auch fühlbar unterscheidet sich der Norden
vom Rest des Landes. So werden in der mäßig warmen Luftmasse im Norden nur 18
bis 24 Grad erreicht.

Über Deutschland lässt sich noch eine zweite Luftmassengrenze über dem Südosten
erkennen. Diese zeichnet sich weniger durch den fühlbaren Wärmeunterschied,
sondern eher durch den Feuchtegehalt der Luft aus. So liegen die Taupunkte über
großen Teilen von Bayern nur im Bereich zwischen 8 und 11 Grad. Ein zweiter
trockener Streifen deutet sich über Nordwestfrankreich an. Dieser wird nach
einhelliger Modellmeinung nach Deutschland advehiert. So wird in einem Streifen
ausgehend vom Hunsrück bis in das Sauer-Siegerland zum Nachmittag ein nur
geringer Feuchtegehalt in unteren Troposphärenniveaus (z.B. 925 hPa Feuchte,
Taupunkte) prognostiziert.

Damit sind auch schon die drei Regionen diagnostiziert, in denen heute mit recht
hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass keine Gewitter
auftreten (Norden, Süd- und Südostbayern sowie der Streifen im Westen. In den
restlichen Regionen ist die Luftmasse ausgezeichnet mit guten Zutaten für
Gewitterentwicklungen. Ein hoher niedertroposphärischer Feuchtegehalt, steile
Lapse Rates und in Kombination hohe CAPE-Werte zwischen 1000 und 2000 J/kg,
lokal auch noch darüber. Als großer Bremsklotz erweist sich allerdings der
kräftige Keil in der Höhe, dessen Achse genau über Deutschland liegt. Die Frage,
die sich stellt ist, ob es Regionen gibt, in denen eine Auslöse trotzdem
stattfindet. Als mögliches Argument kommt dabei ein lokales Tief in Frage, dass
im Tagesverlauf in den Westen ziehen soll (Grenzregion NRW - Niedersachsen).
Davon ausgehend soll sich in zonaler Richtung über der nördlichen Mitte eine
Bodenkonvergenz im Windfeld entwickeln, die letztlich die Luftmassengrenze
kennzeichnet. Als zweite Option kommt die Orographie in Frage, die mesoskalig
Hebungsimpulse liefern kann.

Ob diese zwei Komponenten tatsächlich ausreichen, das Absinken durch den Keil
überzukompensieren ist fraglich. Zumal gestern bei deutlich besserer
Konstellation in der Höhe auch nur einzelne Gewitter ausgelöst wurden. Zudem ist
die Numerik überaus verhalten. Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass sich im
Laufe des Nachmittages vornehmlich über dem Bergland einzelne Gewitter
entwickeln können. Dafür am besten geeignet sollte der Schwarzwald sein, da man
in dieser Region schon knapp rückseitig der Keilachse liegt. In den westlichen
Mittelgebirgen kommt zum Teil erschwerend der niedertroposphärische
Trockeneinschub hinzu, während man in den östlichen Mittelgebirgen unter oder
vorderseitig der Keilachse liegt. Daher könnte als zweite potentielle
Gefahrenregion vor allem der Bereich über NRW bis nach Südniedersachsen in
Erscheinung treten, wo das kleine Tief und damit die Konvergenzeffekte am
stärksten ausgeprägt sind. Eine Auslöse sollte sich dort eher in Richtung später
Nachmittag ergeben. Dennoch ... die Fragezeichen bleiben, da auch die Modellwelt
ganz unterschiedliche Blüten trägt.

Wenn sich Gewitter bilden können muss neben Hagel bis 3 cm (hohe CAPE-Werte,
aber geringe Scherung), vor allem mit Starkregen gerechnet werden. Die
Zuggeschwindigkeiten sollten eher gering sein (W500: 15 bis 20 kn) und die
ppw-Werte dafür hoch (30 bis 35 mm, im Bereich der Feuchtekonvergenz bis nahe 40
mm). Insofern ist das Überschreiten der Unwetterwarnschwelle nicht
unwahrscheinlich. Eine eher untergeordnete Rolle sollte der Wind spielen,
wenngleich bei dieser Konstellation mit einem recht hohen Spread in der unteren
Troposphäre Sturmböen nicht ausgeschlossen werden können.

In der Nacht auf Dienstag sollte tagesgangbedingt und infolge fehlender
Antriebsfaktoren in der Höhe die Gewittertätigkeit zunächst allgemein in sich
zusammenfallen. Allerdings verschiebt sich die Keilachse ganz allmählich nach
Osten, sodass der Westen Deutschlands zunehmend auf die Vorderseite eines Troges
über Westeuropa gelangt. In 850 hPa wird die Trogachse bis zum Morgen nach
Ostfrankreich geführt. Daran gekoppelt besteht die Option, dass im Laufe der
zweiten Nachthälfte von Frankreich und BeNeLux kommend Gewitter bis in den
Westen und Nordwesten von Deutschland geführt werden. Diese Möglichkeit deuten
auch Modelle wie COSMO-DE und EURO4 an, welche vor allem für den Westen und
Nordwesten Niederschlagssignale anbieten (Teile NRW, Niedersachsen, bis nach
Schleswig-Holstein). Starkregen sollte dabei das eigentliche Problem sein.
Wenngleich man wohl im markanten Bereich bleiben sollte (allein schon
tagesgangbedingt), können lokale Unwetter nicht komplett ausgeschlossen werden.

Im Rest des Landes dürfte die Nacht bei 19 bis 11 Grad weitgehend ruhig
verlaufen, wenn man von lokalen Nebelfeldern einmal absieht.


Dienstag... verschiebt sich Keilachse weiter nach Osten und wandert im
Tagesverlauf nach Osteuropa ab. Damit gelangt Deutschland nun vollends in den
Einflussbereich des westeuropäischen Troges, der sich Deutschland immer mehr
annähert. Die Höhenströmung dreht damit auf südwestliche Richtung mit der in
großen Landesteilen die Zufuhr feuchtwarmer Luftmassen anhält. Der Nordwesten
des Landes gelangt schon bald in den Einflussbereich auch mitteltroposphärisch
feuchter Luftmassen. Die Folge sind viele Wolken, dies sich zum Teil schon aus
der Nacht heraus durch die von BeNeLux übergreifenden Gewitter ergeben. Insofern
ist die "Luft im Nordwesten schon raus" und die Höchstwerte werden im Bereich
von 20 bis 25 Grad vorhergesagt.

Ganz anders schaut es im Rest des Landes aus, wo erneut 25 bis 30, im Osten 30
bis 34 Grad erwartet werden. Damit stellt sich auch erneut die Gewitterfrage.
Zunächst besteht die Möglichkeit, dass aus der Nacht stammende Gewitterreste
über den Norden in Richtung Nordosten geführt werden, die nachfolgende der
Luftmasse in diesen Regionen die Energie nimmt. Wie weit diese schon nach Süden
ausgreifen ist indes noch nicht klar. In einem breiten Streifen daran
anschließend kann es indes noch länger Zeit einstrahlen. Hohe Labilität und
Grenzschichtfeuchte sollten zu CAPE-Werten zwischen 1000 und 1500 J/kg führen.
Gepaart mit dem Antrieb aus der Höhe ist die Auslöse von Gewittern recht
wahrscheinlich. Die hochreichende Scherung in diesem Bereich steigt etwas an (10
bis 15 m/s). In Kombination sind durchaus auch organisierte Entwicklungen
möglich. Neben größerem Hagel steht erneut vor allem der Starkregen im Fokus
(ppw: bis 35mm, lokal bis 40 m, W500: um 20 kn). Unwetterartige Entwicklungen
sind dabei durchaus wahrscheinlich. Ob diese auch verbreitet auftreten, ist
indes eher fraglich. Auch COSMO-DE EPS ist diesbezüglich recht verhalten. Zudem
sind bei organsierteren Strukturen auch Sturmböen oder schwere Sturmböen möglich
Wie Cosmo-De EPS andeutet).

Im Süden (Bayern, Baden-Württemberg, bis nach Südthüringen ausgreifend)
prognostizieren die Modelle recht einheitlich niedrigere Taupunkte und eine
trockenere niedertroposphärische Luftmasse (spezifische Feuchte).
Modellunterschiede ergeben sich nur, wie weit nach Norden die trockene Luft
ausgreifen kann. In diesen Regionen ist trotz hoher Labilität die Auslöse von
Gewittern unwahrscheinlich. Zwei orographische Ausnahmen gibt es. So werden
Schwarzwald/Schwäbische Alb gewisse Signale gebracht. Für den Bayerischen
Alpenrand sogar recht klare. So zeigt COSMO-DE EPS hohe Wahrscheinlichkeiten für
die Überschreitung der Unwetterschwelle in Bezug auf Niederschlag unmittelbar am
Alpenrand. Die Zuggeschwindigkeiten liegen dort zum Teil auch nur bei 10 kn. Der
Feuchtinput stammt dort vornehmlich durch orographisch bedingte
Feuchteanreicherungen (moisture pooling).

In der Nacht auf Mittwoch verlagert der sich abflachende Trog mit seiner Achse
nach Deutschland. Damit wird die feuchtwarme Luftmasse in Form eine Kaltfront in
Richtung Süden und Südosten abgedrängt. Dementsprechend verlagert sich auch der
Gewitterschwerpunkt in diese Regionen. Eingangs der Nacht sind die Gewitter vor
allem noch im Osten und Süden aktiv. Vor allem für die Regionen südlich der
Donau gibt es von COSMO-DE EPS weiterhin starke Signale für unwetterartige
Niederschlagsmengen. So lassen sich sogar Wahrscheinlichkeiten bis 25 % finden,
dass mehr als 60 mm in 6 h fallen (extremes Unwetter).

Ausgangs der Nacht ziehen sich die Gewitter zum Alpenrand zurück. Sonst ist es
abgesehen von einzelnen trogbedingten Schauern im Norden meist trocken. Der
Druckgradient legt im Norden etwas zu, sodass vor allem im Küstenumfeld Windböen
wahrscheinlich sind.

Mittwoch... befindet sich das Vorhersagegebiet im Einflussbereich des flachen
Troges in der Höhe, dessen Achse im Tagesverlauf ostwärts abwandert. Weiter nach
Süden ist zum Teil noch der Höhenrücken mit Achse über dem zentralen
Mittelmeerraum wirksam, sodass die Höhenströmung dort eher indifferent verläuft.


Am Boden liegt der Nordosten vorwiegend unter zyklonalem Einfluss mit tiefem
Luftdruck über Nordost- und Nordeuropa. Die westlichen Landesteile profitieren
hingegen von einem Hoch bei den Britischen Inseln. In Kombination der
Druckgebilde ergibt sich in der unteren und mittleren Troposphäre eine
nordwestliche Grundströmung, mit der kältere Luftmassen vor allem in den Norden
und Nordosten geführt werden (T850 hPa um 5 Grad).

Die Kaltluft kommt dabei in zwei Schüben nach Süden voran. Die Kaltfront mit der
richtigen Kaltluft polaren Ursprungs im Gepäck liegt zum Mittagstermin etwa über
dem Norden und arbeitet sich im weiteren Verlauf bis zur Mitte voran, wo sie
letztlich zum Liegen kommt. Entlang dieser Grenze gibt es geringe
Niederschlagsmenge, meist dürfte es aber wohl trocken bleiben. Südlich davon
befindet sich noch eine zweite Kaltfront, die die schwülwarme und zu Gewittern
neigende Luftmasse von kühlerer und trockener Luft nördlich davon trennt. Diese
kommt in der Nacht etwa zu den Alpen voran.

Als Konsequenz aus dem Beschriebenen ergibt sich eine Dreiteilung. Im Süden
(etwa südlich der Donau) entwickeln sich im Tagesverlauf wieder einige teils
kräftige Gewitter (vor allem größerer Hagel, Starkregen). Dabei gibt es lokal
Unwettergefahr. Daran schließt sich nördlich mit den trockeneren Luftmassen ein
breiter Streifen mit durchaus freundlichem Wetter an. Ganz im Norden überwiegen
hingegen wieder die Wolken und es kann ein wenig Niederschlag fallen. Bei den
Höchstwerten werden im Süden 25 bis 28, über der breiten Mitte 23 bis 26 Grad
und im Norden 17 bis 22 Grad erwartet.

Mit der Nähe zum tiefen Luftdruck ergibt sich im Nordosten ein stärkerer
Luftdruckgradient, sodass im Norden, Osten du Nordosten zeitweise stark böiger
Wind weht. In Schleswig-Holstein und entlang der gesamten Ostseeküste sind Böen
Bft 8 und exponiert einzelne Sturmböen Bft 9 möglich.

In der Nacht auf Donnerstag gibt es am Alpenrand noch Schauer und einzelne
Gewitter, die allerdings nachlassen. Schwächer wird auch der Wind im Nordosten,
der aber zumindest im Küstenbereich noch stark böig (exponiert mit stürmischen
Böen) aus West bis Nordwest weht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung wird von den verschiedenen Modellen gut
vorhergesagt. Unsicherheiten ergeben sich allerdings die genaue Lage der
Luftmassengrenzen und damit die exakten Schwerpunkte mit erhöhtem
Gewitterpotential betreffend. Zudem bestehen Fragezeichen und unterschiedliche
Modellmeinungen bezüglich der Auslöse.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer

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