SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 280800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.04.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrW

An den Alpen am Sonntag Föhn. Im Westen zum Sonntagabend und in der Nacht zum
Montag Unwetterpotential durch heftige Gewitter. Im Süden und Osten nur örtlich.
In der Nacht zum Montag im Süden böiger Südwestwind, Montag tagsüber
deutschlandweit, Bergland und Nordwesten Sturmböen. Im Norden abziehende
Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... vollzieht sich über dem Ostatlantik die Ausbildung eines
umfangreichen Höhentroges. Dabei sorgen zwei Wellen, die außer Phase sind, für
eine meridionale Ausweitung des Troges. Die erste Welle umrundet dabei den
südwärts vorstoßenden Höhentrog und erfasst im Verlauf der Nacht zum Sonntag die
Iberische Halbinsel. Dabei interagiert diese Welle mit einer sich von Frankreich
bis nach Spanien erstreckenden baroklinen Zone und sorgt über Westeuropa für
beginnenden Druckfall und für die Ausbildung eines großräumigen Bodentiefs. Die
zweite Welle wiederum stößt weiter westlich über dem Ostatlantik mit deutlich
höhenkälterer Luft nach Süden vor und lässt den Trog daher insgesamt
quasi-stationär mit seiner Achse über der Biskaya liegen. Stromab dieser
Entwicklung sorgt umfangreiche Warmluftadvektion für großräumige Keilaufwölbung
über Süd- und Südosteuropa, die auch zunehmend Mitteleuropa und Deutschland
erfasst. Dabei überläuft heute der sich allmählich nordwärts aufwölbende Keil
ein Bodentief, das vom östlichen Ärmelkanal nach Norddeutschland zieht und sich
dabei sukzessive abschwächt. Dieses Bodentief ist an eine umfangreiche Okklusion
gekoppelt, die über den Norden nach Ostdeutschland und dann in Richtung
Südwestdeutschland abbiegend weite Bereiche Deutschlands beeinflusst. Dabei
wandelt sich diese Front über Süddeutschland im Verlauf der kommenden Nacht
allmählich in einen wellenden Frontenzug (Kalt-Warmfront) um, die ausgangs der
Nacht immer mehr den Charakter eine Warmfront annimmt. Von daher kann trotz der
Intensivierung des Keils mit keinem störungsfreien Wetter gerechnet werden,
zumal um den Keil herum in der Höhe auch noch schwache Kurzwellen nach
Deutschland geführt werden.

Von daher ziehen heute im Tagesverlauf wiederholt ausgedehnte Wolkenfelder von
Südwest nach Nordost, die besonders über Norddeutschland mit der Passage des
sich abschwächenden Bodentiefs auch sehr dicht ausfallen können. Dabei wird über
Norddeutschland unterhalb einer Inversion in rund 650 hPa eine weiterhin recht
deutliche Temperaturabnahme bei adäquaten bodennahen Taupunkten erwartet, sodass
sich wiederholt Schauer von Niedersachsen bis Mecklenburg-Vorpommern entwickeln
können. In Schleswig-Holstein kann es teils auch über mehrere Stunden skalig mit
leichter Intensität regnen. Ebenfalls sind Niederschläge in Form von Schauern
entlang der Okklusion vom Schwarzwald über die Alb bis ins Erzgebirge zu
erwarten, die teils orografisch, teils durch eine Kurzwellenpassage gestützt
auftreten. In beiden Bereichen ist etwas MUCAPE vorhanden und ein kurzes
Gewitter kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, doch dies dürfte eher die
Ausnahme bleiben. Dazwischen, vom Niederrhein bis zur Oder, sorgt eine deutlich
trockenere Luftmasse in mittleren Troposphärenbereichen für einen trockenen Tag,
der zweitweise sonnig, zeitweise auch stärker bewölkt verläuft. Auch südlich der
Donau überwiegt der Sonnenschein. Die Höchstwerte liegen dabei zwischen 13 und
16 Grad in Schleswig-Holstein, sonst zwischen 17 und 23 Grad. In Südostbayern
kann mit viel Sonnenschein die Sommermarke von 25 Grad verbreitet geknackt
werden. Der Wind frischt über der Mitte dank tageszeitlicher diabatischer
Erwärmung und Durchmischung mäßig auf aus Südwest und weht im Norden sonst
schwach aus West bis Südwest, südlich der Donau vornehmend aus Nordost.


In der Nacht zum Sonntag kippt die Höhenströmung im Zuge der Entwicklung über
dem Ostatlantik und Westeuropa allmählich immer mehr auf Südwest bis Süd, sodass
auf den Alpengipfeln allmählich eine föhnige Südströmung einsetzt. Adiabatische
Erwärmung nordseitig der Alpen sorgt für die Ausbildung einer markanten
Inversion zwischen 800 und 900 hPa, die sich sukzessive nordwärts ausdehnt (in
Verbindung mit den dadurch gebildeten höheren lapse rates und in der Folge als
"Alpiner elevated mixed layer bezeichnet"). Derweilen strömt
niedertroposphärisch eine feuchte und labil geschichtete Luftmasse nach
Süddeutschland, sodass die sich die strukturierende Warmfront innerhalb der
Temperatur- und Feuchtefelder immer stärker zur Geltung kommt. Gleichzeitig
sorgt leichter Druckfall über Süddeutschland für eine allmähliche
Nordverlagerung dieser Front. Die Interaktion dieser Front mit einem in der
südwestlichen Höhenströmung eingebetteten Vorticityband und MUCAPE-Werten von
100 bis 400 J/kg bieten die Grundlagen für rege Schauer und zunehmend auch
Gewitteraktivität, die sich von Südwestdeutschland über die Mitte nach Nordosten
ausweitet. Hochreichende Scherung um 15 m/s könnte dabei ausreichend sein für
einzelne Hagelereignisse und strichweise ist auch Starkregen bei PPW-Werten um
20 mm nicht auszuschließen, besonders wenn wiederholt Zellen über dieselbe
Region ziehen. Abgesehen davon verläuft die Nacht im Norden bewölkt und trocken,
südlich der Donau zeitweise auch klar und ebenfalls trocken. Im Nordwesten kann
sich gebietsweise dichter Bodennebel bilden. Dabei liegen die Tiefstwerte
zwischen 10 und 7 Grad. Der Wind weht schwach, im Norden überwiegend aus Ost,
sonst aus unterschiedlichen Richtungen.



Sonntag... nähert sich die Welle in Form einer scharfen Kurzwelle im
Tagesverlauf Südfrankreich und sorgt stromab in einer zunächst gekoppelten
Höhenjetstruktur entlang der meridional von Ostfrankreich bis nach Nordalgerien
gerichteten baroklinen Zone für sehr entwicklungsförderliche Bedingungen mit
Blick auf die bereits aktive Bodentiefdruckentwicklung. Dabei weisen die Modelle
wie IFS, ICON und GFS mit Blick auf die Entwicklung zu dem Zeitpunkt noch eine
recht einheitliche Richtung auf, wobei sich das eigentliche Bodentief allmählich
in den Pariser Raum oder westlich davon verlagert. Über Deutschland sorgt die
südliche und immer stärker werdende Überströmung der Alpen in Verbindung mit
adiabatischer Erwärmung in der Höhe (Alpine elevated mixed layer) und
diabatischer Erwärmung für fortwährenden Druckfall über der Mitte und dem Süden
Deutschlands, sodass sich ausgehend von der Bodentiefentwicklung ein Bodentrog
über den Westen in den Süden Deutschlands ausbildet. Dabei sorgt die Südströmung
und die nordwärts ziehende sowie sich vertiefende Bodentiefentwicklung über
Frankreich für eine zügigere Nordverlagerung dieser Warmfront. Im Warmsektor
sorgt die Überlappung der in der Höhe durchmischten Luftmasse oberhalb der recht
feuchten Grenzschicht und die föhnbedingt (durch einen geringen Wolkenanteil) in
weiten Bereichen Deutschlands gute diabatische Erwärmung für 500 bis 1000 J/kg
gedeckelten MLCAPE mit teils auch höheren MUCAPE Werten. Die höhenmilde und
recht trockene Luftmasse wird neben dem Keil der Hauptgrund sein, wieso
abgesehen vom Westen der Tag zumeist sonnig oder locker bewölkt und trocken
verläuft (wenn man am Vormittag von nordostwärts abziehenden nächtlichen
Schauern und Gewittern über dem Osten und Nordosten absieht). Allerdings sollte
zum Nachmittag und Abend im Süden und Osten die Orografie genau im Auge behalten
werden, da lokal der Deckel durchbrochen werden könnte, was bereits einzelne
konvektionsauflösende Modelle andeuten. Gewitter, die sich hier entwickeln
dürften sich dank der genannten Labilitätswerte und rund 15 m/s hochreichender
Scherung in Multizellen organisieren und von Starkregen, Sturmböen und Hagel
begleitet werden - dies zumeist im markanten Bereich, das Erreichen der
Unwetterschwelle kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Anders sieht es in Westdeutschland aus. Aus der Nacht heraus können von
Frankreich heranziehende und allmählich absterbende Gewitter am Vormittag noch
den Westen und Nordwesten lokal mit Starkregen, Sturmböen und Hagel
beeinflussen, bevor diese Aktivität in der Folge nordwärts in Richtung Deutsche
Bucht zieht. Da sich auch hier der Höhenkeil vorerst noch dominierend auswirkt
dürfte rückseitig dieser Aktivität die Wolkendecke über Westdeutschland
zeitweise auflockern. Einzelne Schauer und Gewitter entlang der durch diese
Aktivität "gelegten" outflow boundary können allerdings entlang der westlichen
Mittelgebirge nicht ausgeschlossen werden. In Richtung Eifel und Saarland
besteht zum späten Nachmittag und Abend unter dem Einfluss der
Bodentiefentwicklung und mit Annäherung der Kurzwelle ein zunehmendes Potential,
dass sich erste heftige Gewitter entwickeln können, die bei einer hochreichenden
Scherung um 20 m/s, viel Labilität und erhöhter Helizität Superzellenpotential
aufweisen. Diese können dann von großem Hagel, Starkregen und teils schweren
Sturmböen begleitet werden können. Zwar ist die Numerik abgesehen von GFS
entlang der Warmfront über Nordwestdeutschland aktuell noch sehr zurückhaltend
mit Blick auf die Gewittertätigkeit, aber rein zutatenbasiert können auch hier
zum späten Nachmittag und Abend im Umfeld der Warmfront einzelne heftige
Gewitter mit Unwetterpotential auftreten. Deren Entwicklung hängt stark davon
ab, wie gut es in diesen Bereichen einstrahlen kann. Bei stark rückdrehenden
niedertroposphärischen Winden würde mit den Gewittern örtlich ein
Tornadopotential bestehen. Die Höchstwerte liegen dabei im Norden zwischen 17
und 24 Grad, sonst zwischen 24 und 28 Grad. Der Ostwind weht abseits der Schauer
und Gewitter schwach bis mäßig. Entlang und nördlich des Alpenhauptkamms sind
Föhnböen in Sturmstärke, exponiert auch mit schweren Sturmböen zu erwarten.


In der Nacht zum Montag verschärft sich die Hebung dank der Annäherung des
scharf konturierten Kurzwellentroges besonders über Westdeutschland immer
weiter. Gleichzeitig wird dank sehr starker Höhendivergenz eine weitere
Intensivierung des Bodentiefs über Nordfrankreich forciert, wobei IFS und GFS
bereits seit mehreren Läufen die Entwicklung einer schwachen "warm seclusion"
andeuten. Dabei stimmen beide Modelle mit der Lage dieses kräftigen Bodentiefs
recht gut überein (ausgangs der Nacht über dem östlichen Ärmelkanal), nur ICON
ist insgesamt etwas östlicher aufgestellt. Im Zuge der Nordverlagerung und
Intensivierung des Bodentiefs wird eine Kaltfront zügig von Südwest nach Nordost
geführt, wobei sich die allgemeine Modellunsicherheit auch auf die Verlagerung
der Kaltfront auswirkt. Demnach nimmt im Westen die in den späten Nachmittag-
und Abendstunden beginnende Gewitterentwicklung von Frankreich her immer weiter
zu und verbreitet drohen im Westen unwetterartige Gewitter. Ob diese nur den
Niederrhein oder gar Hessen betreffen muss mit Blick auf die
Modellunsicherheiten noch abgewartet werden. Auf jeden Fall sorgen hochreichende
Scherung um 20 m/s und nur zögernd nachlassende Labilität für gute Bedingungen
für organisierte Konvektion, sodass mit Multizellen und einzelnen Superzellen
gerechnet werden muss, die zügig verclustern. Dabei reichen die
Begleiterscheinungen von großem Hagel über heftigem Starkregen bis hin zu teils
schweren Sturmböen. Im Verlauf der Nacht deutet sich über dem Nordwesten
Deutschlands ein Okklusionsprozess an, der durch starke niedertroposphärische
Ost- bis Südostwinde und abgehobener Labilität gekennzeichnet ist. Großräumige
Gewittercluster mit (mehrstündigem) Starkregen und strichweise mit Sturmböen
wären das Resultat und könnten auch hier die Unwetterschwelle "reißen". Diese
Gewitter bauen tendenziell nach Osten (entlang der Warmfront) an und können
weite Bereiche Norddeutschlands betreffen.
Summa summarum besteht in der Nacht zwischen dem Saarland und der Deutschen
Bucht latente Unwettergefahr. Feinheiten bezüglich der Schwerpunkte und der
Ausdehnung nach Osten lassen sich jedoch aus heutiger Sicht noch nicht benennen.


Im Süden und Osten verläuft die Nacht zwar zunehmend bewölkt, allerdings auch
noch meist trocken, bevor ausgangs der Nacht das Niederschlagspotential im
Südwesten in Form von Schauern zunimmt. Von größerer Bedeutung wird hier der
Südwestwind sein, der postfrontal in einer gut durchmischten Luftmasse bis zum
Boden durchbricht und für einen böigen, im Bergland stürmischen Nachtverlauf
sorgt. Sonst weht der Wind abseits der Gewitter schwach aus Ost bis Nordost und
frischt im Ostseeumfeld zeitweise böig auf. Die Tiefstwerte liegen zwischen 13
und 8 Grad.


Montag... zieht die Kurzwelle rasch nordwärts in Richtung östliche Ärmelkanal,
bildet sich in ein Höhentief um, das achsensenkrecht über dem kräftigen
Bodentief über dem östlichen Ärmelkanal zu liegen kommt. Dabei werden Warm- und
Kaltfronten rasch nach Osten und Nordosten abgedrängt, wobei die Kaltfront über
dem äußersten Nordosten zu wellen beginnt. Daher ziehen die kräftigen Schauer
und Gewitter über Norddeutschland im Vormittagsverlauf nordwärts ab und könnten
sich im Nordosten u.U. im Zuge der Verwellung längere Zeit halten. Postfrontal
sorgt bodennah zwar vorübergehender Druckanstieg für eine Wetterberuhigung,
bevor in der weiterhin zyklonal geprägten südwestlichen Höhenströmung zum späten
Nachmittag und Abend die Schauerneigung im Westen und Südwesten erneut zunimmt.
Je nach Lage und Nähe zum Bodentief sorgt ein kräftiger Druckgradient
deutschlandweit für einen stark böigen Südwestwind mit Sturmböen im Bergland,
wobei auch im Nordwesten ein latentes Sturmböenpotential besteht (besonders
dann, wenn ein intakter seichter warmer Kern über Benelux realisiert werden
kann, wie von ICON angedeutet). In der eingeflossenen modifizierten Polarluft
liegen die Höchstwerte meist zwischen 17 und 22 Grad, im äußersten Osten anfangs
noch bis 25 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle haben die großräumige Lage der Tröge und Keile sehr gut im Griff.
Allerdings nehmen die Unsicherheiten im Detail zum Sonntag deutlich zu. Die Lage
des Bodentiefs in der Nacht zum Montag variiert zwischen dem östlichen
Ärmelkanal (IFS und GFS) und Benelux (ICON). Diese Diskrepanzen haben einen
bedeutenden Einfluss auf die Intensität und Ausprägung der Gewitteraktivität am
Sonntag sowie auf das Windpotential im Nordwesten am Montag. Solange diese
Unsicherheiten bestehen kann auf Detailfragen noch nicht näher eingegangen
werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy

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