SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 301800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 30.03.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst weiterhin ruhig und am Freitag fast schon frühsommerlich warm. Zum
Wochenende wechselhafter und - wann, wo, wie auch immer - konvektive
Umlagerungen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland unter einem breiten Höhenrücken, der dabei
ist, unter Verkürzung seiner Wellenlänge ganz langsam ostwärts zu wandern. Das
korrespondierende Bodenhoch verlagert sich ebenfalls nach Osten, so dass der
gesamte Vorhersageraum auf die warme Westflanke gelangt. Diese ist zunächst
vollständig antizyklonal gestrickt, da die Warmfront eines atlantischen
Frontensystems (heute noch für reichlich Gewölk und etwas Regen im O und NO
verantwortlich) aus Deutschland rauszieht und die nachfolgende Kaltfront nicht
zuletzt wegen mehrfacher Wellenbildung noch relativ weit westlich verweilt. Mit
südlicher bis südwestlicher Strömung wird gesamttroposphärisch Subtropikluft aus
SW-Europa advehiert, in der z.B. die 850-hPa-Temperatur bis zum Frühstück auf
rund 6°C im O und teils 10°C im W und S ansteigt.
Lange Rede, kurzer Sinn, die Nacht wird deutschlandweit gering bewölkt oder
klar. Letzte dichtere Wolken im O und NO ziehen ab bzw. lösen sich auf. Nebel
bildet sich im Süden nur lokal und die Temperatur bleibt im positiven Bereich.
Nur ganz vereinzelt reicht es im Süden noch für Tiefstwerte nahe dem
Gefrierpunkt.

Freitag ... wandert der Höhenrücken ganz allmählich aus dem Vorhersageraum
heraus. Somit gelangen wir auf seine Rückseite respektive auf die Vorderseite
eines Höhentroges, der sich vom nahen Ostatlantik dem europäischen Kontinent
nähert - allerdings nicht gerade mit Siebenmeilenstiefeln. So bleibt die
südliche bis südwestliche Höhenströmung auch morgen noch über längere Zeit
antizyklonal konturiert, und auch wenn das Bodenhoch schon weit weg im Osten
liegt (Schwarzmeerregion, Ukraine), gestaltet sich der letzte Tag des März 2017
trotz hoher Wolkenfelder sonnenscheinreich und fast schon frühsommerlich warm.
So legt die Temperatur noch ´ne Schippe drauf (T850 8-12°C mit den höheren
Werten im Süden), so dass wir am Nachmittag in 2 m auf 20 bis 25°C kommen. In
einigen wärme- und leebegünstigten Regionen wie Oberrheingraben, Alpenvorland,
Thüringer Becken oder Erzgebirgsvorland sind lokal vielleicht sogar etwas über
25°C drin. Und auch die küstennahen Regionen - in den letzten Tagen aufgrund von
Bewölkung oder ungünstiger Winde eher immer unterkühlt - können sich aufgrund
südlicher und somit überwiegend ablandiger Winde über eine Erwärmung in Richtung
20°C freuen. Dabei lebt der südliche, im S eher östliche Wind mitunter etwas
auf, was auf dem Brocken gleich mal Windstärke 7-8 Bft bedeutet - unwirtlicher
Berg.
Zurück noch mal zur einströmenden subtropischen Luftmasse, die zunehmend
angefeuchtet und potenziell instabil wird. Dabei kristallisieren sich zwei
Schwerpunkte heraus, in denen auch etwas ML-CAPE simuliert wird: der äußerste NW
und der S (dort punktuell sogar bis zu 500 J/kg). Allerdings wird für beide
Regionen auch so viel CIN gerechnet, dass man zunächst noch von einer
ausreichenden Deckelung sprechen kann. Außerdem ist die gesamttroposphärische
Feuchte mit unter 15 mm PPW (im NW allerdings etwas darüber) nicht allzu hoch.
Und dann wäre da noch die Frage nach den potenziellen "Zündern", den
Impulsgebern für mögliche Gewitter. Der Trog dürfte eigentlich noch nicht in
Frage kommen, weil noch etwas zu weit weg und zudem vorderseitig mit leichter
KLA aufwartend. Im Süden kämen die Orografie und das Erreichen der
Auslösetemperatur (22-24°C) in Frage, im NW die von Westen langsam näher
kommende Kaltfront. Wie gesagt, noch viel Konjunktiv, oder anders ausgedrückt,
viel Philosophie um wahrscheinlich wenig Konvektion.

In der Nacht zum Samstag tut sich der Trog insbesondere in seinem Nordteil
ungemein schwer, nach Osten voranzukommen. Im Süden hingegen schafft er es, über
die Iberische Halbinsel hinweg bis zu den Balearen vorzustoßen. Bei uns ändert
sich an der Konstellation der Höhenströmung nur wenig, so dass dynamische
Hebungsimpulse nach wie vor wenig bis gar nicht zu erwarten sind.
Somit müssen Anhänger konvektiver Umlagerungen auf die Kaltfront hoffen, die
sich aufgrund ihrer höhenströmungsparallelen Ausrichtung aber als wenig
bewegungsfreudig zeigt. Hinzu kommt, dass die Front schon heute nicht gerade ein
Musterbeispiel klassischer Kaltfronten darstellt, was die Analyse erheblich
erschwert. Viel zu gering bzw. zu graduell sind die thermischen Gradienten
(egal, ob T850, ThetaÄ oder sonst ein Parameter) bzw. die Temperatur- und
Taupunktgegensätze zwischen Vorder- und Rückseite, so man diese überhaupt
belastbar detektieren kann. Trotzdem, man wird versuchen, die Front auch
weiterhin in den Analysen zu finden, bis sie dann in der Nacht zum Samstag an
die westlichen und nordwestlichen Landesteile heranrückt und dort für zunehmende
Bewölkung, gebietsweise schauerartigen Regen und vielleicht auch ein Gewitter
sorgt. Einzelne Gewitter (max. ocker) sind auch vorlaufend im W und S nicht
ausgeschlossen bzw. können sich - so sie denn entstanden sind - vom Abend in die
Nacht retten.
Was auch immer passieren wird, die Osthälfte und wohl auch noch etwas darüber
nach Westen hinaus, bleibt von dem Ganzen noch unbeeindruckt mit klarem oder nur
gering bewölktem Himmel und nur lokalen Nebelfeldern.

Samstag ... beginnt der Höhentrog über dem westlichen Mittelmeer abzutropfen,
während der nördliche Teil über UK deutlich seine Wellenlänge verkürzt und dabei
kaum noch nach Osten vorankommt. Zum Tagesende verläuft seine Achse in 500 hPa
etwa von Westfrankreich über SO-England bis zur Doggerbank. Bei uns steigt
dadurch das Potenzial von Osten her wieder an, am Abend erkennt man einen bis
nach Ostfrankreich und Benelux gerichteten Höhenkeil. Von daher bleibt die
Höhenströmungskonfiguration in unserem Raum weiterhin antizyklonal geprägt bzw.
nimmt an Antizyklonalität sogar wieder zu.
Vor dem Hintergrund dieser Tatsache respektive der o.e. Charaktereigenschaften
der Front verwundert es nicht, dass es zunehmend zu einer Frontolyse kommt,
sprich, die Kaltfront sich insbesondere in ihrem Südteil mehr und mehr auflöst.
Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass nicht im N und W etwas kühlere Luft
einsickert (einströmen wäre aufgrund des vollkommen aufgeweichten Gradienten -
zum Mittagstermin wahrscheinlich keine einzige 5er-Isobare über Deutschland - zu
viel gesagt). Bis zum Abend geht dort die 850-hPa-Temperatur auf 5 bis 3°C
zurück, während sie im O weiterhin knapp unter 10°C liegt - wie gesagt, das
Ganze sehr graduell verteilt.
So, alles schön und gut, aber wie wird denn nun das Samstagswetter? - Folgendes
Szenario kann sich der Verfasser ganz gut vorstellen. Im W und NW überwiegt an
der Front bzw. dem, was noch davon da ist, wechselnde bis starke Bewölkung, aus
der schauerartiger Regen fällt. Im NW ist die einsickernde kühlere Luftmasse
leicht labil geschichtet (CAPE bis knapp 300 J/kg, nicht gedeckelt), so dass
dort auch einzelne Gewitter (PPW inzwischen auf etwas über 20 mm angestiegen =>
evtl. Starkregen) möglich sind. Dazu werden 13 bis 18°C erreicht, an der Nordsee
z.T. etwas darunter.
Im Süden und Osten sowie in großen Teilen der Mitte scheint trotz einiger meist
lockerer Wolkenfelder noch mal für längere Zeit die Sonne und die Temperatur
steigt auf 18 bis 24°C. In der weiterhin potenziell instabilen Subtropikluft
wird erneut ML-CAPE generiert (im SO gebietsweise 500 bis 750 J/kg), die
durchaus für konvektive Umlagerungen genutzt werden können. Zwar fehlt aus den
oben genannten Gründen der nötige Hebungsimpuls "von oben", dafür wird man aber
an anderer Stelle fündig. Neben dem allzeit präsenten Bergland besteht eine
realistische Chance, die auf 20-24°C angesetzte Auslösetemperatur zu erreichen.
Und dann wären da noch im O und SO deutlich konfluente Strukturen (innerhalb
einer Tiefdruckrinne, die erst bei einer 1zu1- oder 2zu2-Auflösung der Isobaren
gut sichtbar wird) im hochaufgelösten Windfeld, die ebenfalls den Zünder geben
könnten. Wenn es krachen sollte, dann ist maximal bei ocker Schluss (Starkregen,
kleinkörniger Hagel, Böen 7-8 Bft).

In der Nacht zum Sonntag bleiben die südliche Höhenströmung über Deutschland
antizyklonal gekrümmt und das Bodendruckfeld gradientschwach. Die o.e. Rinne
zieht nach Polen und Tschechien ab, gleichwohl simulieren alle Modelle auf ihrer
Rückseite (teils deutlich von der Längsachse abgesetzt) konvektiv geprägte
Regenfälle und Gewitter. Am ausgeprägtesten wird dieser Prozess von ICON und
ICON_EU gebracht, die eine meridional von Nord nach Süd reichende konvektive
Linie mit Starkregensignalen im SO anbieten, was synoptisch aus heutiger Sicht
nicht so einfach nachvollziehbar ist. Möglicherweise spielt die sehr gut
ausgeprägte Richtungsscherung mit der Höhe (nördliche Wind unten, südliche oben)
eine prominente Rolle. Eine Front jedenfalls ist nicht zu erkennen, die
konfluente Windstruktur liegt schon weiter östlich und etwaige Tröge in höheren
Luftschichten sind weit und breit nicht zu sehen - schwierig!

Sonntag ... verkürzt der meridional von Ost nach West über Deutschland
verlaufende Höhenrücken seine Wellenlänge bei gleichzeitiger
Amplitudenvergrößerung. Im Tagesverlauf erreicht das nördliche Residuum des
abgetropften Troges die nordseenahen Areale, ohne dabei aber eine besondere
Wetterwirksamkeit auszustrahlen. Im N und W steigt der Luftdruck leicht an, was
die dortigen Gebiete an den Rand einer von den Kanaren bis zur Nordsee
gerichteten Hochdruckzone gelangen lässt. Bei wechselnden
Bewölkungsverhältnissen kann dort von einem weitgehend trockenen Tag mit
Höchstwerten zwischen 14 und maximal 18°C, an der See etwas darunter,
ausgegangen werden.
Im O und S findet kein wirklicher Luftmassenaustausch statt, auch wenn die
850-hPa-Temperatur geringfügig nach unten geht. Nach einer vormittäglichen
Pause, die allerdings von ICON nicht vorgesehen ist, kommt es im Tagesverlauf zu
konvektiven Umlagerungen bis hin zu Gewittern, die erneut maximal im
Ocker-Bereich landen sollten. Mit 16 bis 21°C wird es nicht mehr ganz so warm
wie zuvor.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grobe Richtung der Modelle stimmt, allerdings schweben hinsichtlich der in
den nächsten Tagen erwarteten oder nicht erwarteten konvektiven Prozesse noch
einige Fragezeichen über den Köpfen der vorhersagenden Meteorologenschaft.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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