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Thema des Tages

Wenn der Himmel seine Schleusen öffnet

Wer kennt es nicht? An einem warmen Sommertag zeigt sich die Sonne an
einem blauen Himmel. Plötzlich türmen sich innerhalb weniger Minuten
mächtige Wolken am Himmel auf und es fängt an wie aus Eimern zu
gießen, als ob der Himmel seine Schleusen geöffnet hätte.

Umgangssprachlich werden solche sintflutartigen Regenfälle häufig als
"Platzregen" bezeichnet, wir Meteorologen benutzen dagegen den
Begriff "Starkregen". Dabei handelt es sich um ein
Niederschlagsereignis, häufig auch in Verbindung mit Gewittern, bei
dem große Niederschlagsmengen innerhalb einer kurzen Zeiteinheit von
wenigen Minuten bis Stunden fallen. Dies grenzt den Starkregen vom
Dauerregen ab, der ein länger andauerndes Niederschlagsereignis mit
geringeren Niederschlagsintensitäten beschreibt.

Im vierstufigen Warnmanagement des Deutschen Wetterdienstes bedient
man sich beim Starkregen dreier Stufen: Treten Regenmengen zwischen
15 und 25 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde oder 20 bis 35 Liter
pro Quadratmeter in 6 Stunden auf, wird eine markante Warnung der
Farbe Ocker (Stufe 2) ausgegeben. Bei Mengen bis 40 Liter pro
Quadratmeter in einer Stunde oder bis 60 Liter pro Quadratmeter in 6
Stunden wird dagegen vor Unwettern (Farbe Rot, Stufe 3) gewarnt.
Mengen, die darüber hinausgehen, erfordern eine extreme
Unwetterwarnung (Farbe Violett, Stufe 4).

Starkregen vorherzusagen ist allerdings alles andere als einfach.
Denn, genauso wie die Gewittervorhersage, ist die exakte räumliche
und zeitliche Eingrenzung nicht oder nur begrenzt möglich.
Stattdessen schätzt man ein bestimmtes Gebiet ab, in dem ein gewisses
Potenzial für Starkregen besteht, wenngleich das Phänomen dort dann
nur lokal auftritt, jedoch eng begrenzt sehr heftig ausfallen kann.
Als Indikator für die Abschätzung des Starkregenpotenzials dient dem
Vorhersagemeteorologen das sogenannte "niederschlagbare Wasser" der
Atmosphäre (engl. "precipitable water", kurz ppw). Darunter versteht
man die Menge an Wasserdampf, die in einer vertikalen Luftsäule vom
Boden bis zum oberen Rand der Troposphäre enthalten ist. Das
niederschlagbare Wasser wird dabei meist in Millimetern angegeben.

Niedrig sind die ppw-Werte beispielsweise bei trockenen arktischen
Luftmassen im Winter. Oft liegen sie dann nur bei 5 mm oder darunter.
Im Sommer, wenn feuchte Subtropenluft zu uns geführt wird, können die
Werte durchaus auch 40 mm überschreiten. Am heutigen Sonntagabend
beträgt das niederschlagbare Wasser in einem breiten Streifen von
Oberbayern bis zum Emsland und dem Niederrhein etwa 30 mm, lokal auch
darüber (siehe Grafik unter
www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/5/13.html). Somit befinden
sich in der Luftsäule vor Ort circa 30 Liter Wasser, die dann, wenn
sie vollständig ausregnen und nicht abfließen würden, am Boden auf
einer Grundfläche von einem Quadratmeter 30 mm bzw. 3 cm hoch stehen.


Allerdings sind noch weitere Faktoren bei der Starkregenvorhersage zu
beachten. Denn bei Gewittern können die Niederschlagsmengen auch
deutlich größer als die Werte des niederschlagbaren Wassers
ausfallen. Im Fall einer bodennahen Konvergenz strömt feuchte Luft
aus der Umgebung am Erdboden zusammen, wird zum Aufsteigen gezwungen
und führt dem Gewitter so zusätzliche Feuchte zu. Auch die
Zuggeschwindigkeit von Schauer- und Gewitterzellen muss
berücksichtigt werden. Am heutigen Sonntag geht die Gefahr besonders
von stehenden oder sich langsam verlagernden Zellen aus, die in einem
kleinen Gebiet über längere Zeit für Starkregen sorgen können. Dann
können bis zu 40 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit fallen, bei
wiederholten Gewittern sogar um 60 Liter pro Quadratmeter.

Allgemein können die Auswirkungen und Folgen sowie die damit
verbundenen Kosten enorm sein. Starkregen führt unter Umständen zu
schnell ansteigenden Wasserständen in Bächen und Kleinflüssen und zu
verstopften Kanälen sowie überschwemmten Straßen und Kellern. Auch
Bodenerosionen wie Schlammlawinen sind dann möglich, wie am
vergangenen Donnerstag (10.05.2018) in Pirna-Neundorf oder im
nahegelegenen Struppen (beide in Sachsen), wo es in der Folge zu
Straßensperrungen kam. In Hamburg wurde dagegen ein Mehrfamilienhaus
unterspült, was daraufhin evakuiert werden musste.

Am heutigen Muttertag können sich besonders Mütter im Nordosten
Deutschlands über freundliches Wetter freuen. Die Mütter, die den Tag
in der Südwesthälfte verbringen, sollten bei Outdooraktivitäten
Vorsicht walten lassen. Zwar trifft es dort längst nicht jeden, aber
wenn sich ein Gewitter formiert, kann es zu heftigem Starkregen bis
in den Unwetterbereich kommen. Auch Hagel und Sturmböen sind dann
nicht ausgeschlossen. In der Nacht zum Montag und am Montag ziehen
sich die Gewitter und Starkregenfälle in den Südwesten und Süden
zurück. Jedoch besteht dort auch weiterhin lokal Unwettergefahr. Es
lohnt sich also die aktuelle Warnlage zu verfolgen. Diese sowie
weitere nützliche Informationen lassen sich wie immer in der
WarnWetter-App oder unter www.dwd.de finden. Wer aufgrund der
Wettervorhersage beschließt, den Muttertag in den eigenen vier Wänden
zu feiern, dem sei gesagt, dass auch der Internationale Tag des
Cocktails auf den heutigen Sonntag fällt.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.05.2018

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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